„Gutes Timing!“ – Schmittiefahrt SoSe 2019

Am 11.06. zogen wir, ein gackernder aufgeregter Haufen aus 16 Schmitties, pünktlich und vorbildlich in „Koffer sharing“-Gemeinschaften organisiert, los auf unsere Reise in die lettische Ladeshauptstadt.  Am Flughafen angekommen wurde sich mit Franzbrötchen und Kaffee eingedeckt und schon ging es bei strahlend blauem Sommerhimmel ab in’s Flugzeug! In Riga angekommen wurden Gepäck und Reisemüdigkeit in unserem Hostel in der Innenstadt verstaut und wir machten uns auf, die abendliche Stadt zu erkunden: Eindrucksvolle Prachtbauten mit blätterndem Putz wechseln sich hier mit skandinavisch anmutenden Holzhäusern und jeder Menge schicken Bars und Cafés ab. Gut gestärkt von (nicht ganz so traditionell lettischen) Burgern mit Pommes und (schon ehertraditionell lettischen) Hopfensäften aller Art schlüpfte die Truppe erschöpft in die Kojen, um sich für den ereignisreichen nächsten Tag auszuruhen.

Nach einem überraschend vielseitigen Frühstück wurden wir von unserem australisch-lettischen Guide Philip durch die Rigaer Alt- und Neustadt geführt und lernten Rigas okkupationsreiche Vergangenheit kennen. Kirchen, Gildenhäuser, sowjetische Prunkarchitektur – wieder begleitete uns ein allgemeines Staunen über die Vielfalt im Stadtbild der Hauptstadt. Wusstet Ihr schon, dass die Tradition des geschmückten Weihnachtsbaumes aus Riga kommt? Wir beendeten unsere Tour bei kalter Rote-Beete-Suppe am Rande des „Art nouveau“-Viertels, in dem wir vorher die detailreichen Häuser des Jugendstilarchitekten Michail Eisenstein (nach Philip: Der „Tortendekorateur“) bewundert hatten. Nachmittags besichtigten wir das KGB-Haus, in dem sehr anschaulich wurde, unter welch schrecklichem Terror Systemkritiker während des UdSSR-Regimes leiden mussten: Verhöre, Verhaftungen und im ersten Okkupationsjahr auch Ermordungen – all das würde man ohne Vorwissen nicht in diesem eher unauffälligen Eckhaus im Nordosten Rigas erwarten. Den Abend verbrachten die Schmitties nach einer kleinen Hostel-Verschnaufpause bei Speis und Trank und noch ein Bisschen mehr Trank in und um die wunderschöne Altstadt.

Frisch und munter, gemäß der vorangegangenen Abendgestaltung, ließen wir uns am Donnerstag von unserer Guide Agnes durch die unbekannteren, aber nicht weniger schönen Stadtteile Rigas führen. Im Moskau-Distrikt liefen wir bei strahlendem Sonnenschein durch die früher verruchten Straßen und Parks und trotz zentraler Lage kamen bei dem*der ein oder anderen Dorfgefühle auf, weil man in den Hinterhöfen der Holzhaussiedlungen Katzen spielen sehen und beinahe keinen Verkehrslärm hören konnte. Nach einem Abstecher zum Centraltirgus (einem der größten Märkte Europas) und den Taschen voll mit frischen Früchten fuhren wir mit dem Zug zum Strand nach Vaivari. Am fast menschenleeren Sandstrand wurden die gelaufenen Kilometer der letzten zwei Tage bei einem guten Buch, Schlammschlachten, Schwimmen (alias: „Aaah, meine Füße frieren ab!“), Bernsteinsammeln und Ballspielen vollständig wegentspannt. Auf die Sekunde genau pünktlich am Zug angekommen (Haussprecher Martin: „Gutes Timing!“) kamen die hungrigen Ostsee-Schmitties beim äußerst noblen indischen Abendessen voll auf ihre Kosten, das in Teamarbeit bis auf’s letzte Reiskorn weggeputzt wurde.

Am Freitag-Morgen wurde sich (soweit es die spärliche Urlaubsgarderobe zuließ) in Schale geschmissen und wir besuchten die deutsche Botschaft, wo wir mit dem ständigen Vertreter Reinhard Wiemer unter anderem über lettische Politik, die russische Subkultur in Riga und die lettische Position in der EU diskutierten. Nachmittags machten wir uns zügig und per Zug auf den Weg zum Nationalpark Kemeri, in dem wir durch die beeindruckenden Moorlandschaften und den umliegenden Wald stromerten und die allübergreifende Ruhe genießen konnten. Ein weiteres Highlight unserer Reise folgte am Abend: Gespeist wurde im mittelalterlich anmutenden Gewölbekeller des „Folkklubs Ala Pagrabs“ bei bretonischer Livemusik mit Saxophon und Akkordeon. Auf der Speisekarte standen neben einem mannigfaltigen Angebot an lettischen Bieren zum Beispiel traditionelles dunkles Roggen-Knoblauchbrot und deftige Eintöpfe – niemals ohne graue Erbsen, die zu den Klassikern der lettischen Küche gehören. Ein Abstecher an den Fluss Düna (von einigen Schmitties liebevoll „der Rhein Rigas“ genannt) und ein finaler Bar-Besuch (zur Feier des Tages natürlich bei Kamillentee und Apfelschorle) krönten unseren letzten Abend in der wunderschönen Hauptstadt, sodass wir am Samstag um 11 Uhr morgens zufrieden auschecken konnten.

Bis wir uns alle beim gemeinsamen Linner von Riga verabschiedeten ging jede*r Schmittie ihres*seines Weges: Es wurden Geschenke für die Organisatoren Martin und Max besorgt, sich beim Trampolinspringen verausgabt, Kaffee getrunken und sogar noch einmal ein Strandspaziergang unternommen. Satt, dankbar und ein wenig wehmütig fuhren wir in einer Sardinenbüchse von Shuttlebus schließlich zum Flughafen und fielen nach dem sonnenuntergangsbegleiteten Flug kurz nach Mitternacht voll von schönen Erinnerungen zufrieden in unsere Betten.

 

 

 

 

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